MORE DANIEL DEPOUTOT

Die Aufnahmen mit Daniel Depoutot sind im Winter 2005 entstanden. Es war bitterkalt. Die Fenster seines 1000 qm großen Ateliers im Straßburger Hafen waren von innen vereist. Nach jedem take standen wir, von einem Bein aufs andere tretend, vor bzw. neben einem penis- oder bomben­ähnlichen, extrem gefährlich aussehenden zwei­rädrigen Heizge­rät, aus dem eine bläuliche Flamme zischte.
Ich zog mir große Handschuhe über die kleinen zum Spielen.
Mit Daniel arbeite ich seit Jahren zusammen, d.h. ich wandere spielend zwischen seinen Skulpturen umher. Er ist nämlich kein Musiker, sondern Bild­hauer, d.h. er baut aus Holz- und Metallabfällen Skulp­turen jeder Größe.
Sie sind in archaischer Weise elektrifiziert, d.h. sie bewegen sich und produzieren Geräusche: Skelette, die auf Ölfässer einschlagen; auf- und zu­schlagende Koffer; skurrile Figuren auf Eisen­bahn­schienen mit kleinen Glöckchen; Besen mit wedelnden Staubtü­chern; ein Ensemble von Wasch­maschinen mit offe­nen Trommeln, in denen Steine unterschiedlicher Größe einen infernalischen Lärm produzieren; oder ein gigantischer Blasebalg, wie man ihn fürs Anfa­chen des Kaminfeuers kennt, allerdings auf Rädern und so groß, daß man ihn durchaus als Anhänger eines ausgewachsenen Lkw´s benutzen könnte, wenn man wüßte, wofür; das Ding ächzt ganz betu­lich, produziert ein wenig Luft, und dort, wo die Luft entweicht, hängt ein Negligé, das sich dann leicht im Wind bewegt. Alles also ein wenig verdorben, sehr ironisch und augenzwinkernd.
Wenn er eine Ausstellung hat, geben wir oft bei der Vernissage ein kleines Konzert.
Unser unausgesprochenes Programm: keine ästhe­tische Konkurrenz zwischen uns aufkommen zu lassen. Für mich heißt das: der Verführung wider­stehen »mitzumachen«, den sounds nach­zueifern. Also keine Mimikry, sondern: die friedliche Koex­istenz zweier Wesenheiten, die sich von weitem freundlich zuwinken, oder wie der Mönch Ryõkan es formulierte:


Ich verstehe andere nicht,
Die anderen verstehen mich nicht.
Nicht verstehend folgen wir natürlich dem Weg.



Vielleicht entsteht ja doch etwas Ganzes, so, als wären erst beide Ausdrucksformen zusammen komplett, wie der Körper und sein Schatten, wobei unklar ist, wer was ist: Bildet das Melodiöse plus einer gewissen Klarheit des Tons wie der Struktur den Körper oder ist es das Zufällige, Anarchische plus des visuellen Eindrucks?

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