Hört überhaupt noch jemand Radio?
Zwar läuft die Kiste überall, doch erhöht ihre Einbindung in den Alltag bloß die langsam unerträglich werdende Dominanz der low-fidelity-, der Breitband-Lautsphäre und verstärkt zudem die von Adorno schon vor fünfzig Jahren konstatierte Regression des Hörens.
Produktiv sind die Moozakteppiche höchstens noch für Bauern, deren Kühe bei entsprechender Beschallung durch die Verkehrssender ein wenig mehr Milch hergeben.
In den Berieselungsprogrammen verselbständigt sich ein unberirrbarer Optimismus, der es inzwischen völlig müßig erscheinen läßt zuzuhören, den Inhalt des Gesagten nochzuvollziehen, da die Stimme sich zunehmend in reinen Klang verwandelt, das heißt immer stärker, jedoch unkontrolliert und bewußtlos von rein musikalischen Kriterien strukturiert wird. Die extrem künstliche, unvermittelte, von Inhalten unabhängige Erregung der allzeit frischen Moderatoren, das ist die bittere Kehrseite der Universalisierung von Sprache durch Musik. Sie bedingt eine ekklatante Entsinnlichung, die den Bauch als Argument nur vorschiebt, damit sich knallharte Werbestrategien noch „lockerer“ umsetzen lassen. Somit wird er nur dicker, nicht aber sensibler: Mc Donalds kulinarisches Universum oder besser Imperium als Rap.
»Mc Donald-Werbung«
Die gehetzten Partikel der Realität werden in die verlogene Tapete der Musik hineingewoben, jeder Riß, jeder Defekt wird zum Blümchenmuster umgearbeitet.
Die Moderatoren der Verkehrssender singen in gesprochener Sprache die Songs weiter, die gerade zu hören waren. Als Nachrichtensprecher üben sie sich in zynischer Anbiederung, nach dem Motto: Was kommt denn da zur Studiotür herein, das soll die Wirklichkeit sein? Daß ich nicht lache!
Kurzhörspiel. Kabarett in Permanenz, eingebettet in Originalnachrichten und eine diffuse Atmosphäre gnadenloser Fröhlichkeit: Material für Collagen.
Immer neue Musik.
Die Emanation des Schwachsinns.
Seine Normalität und Verständlichkeit sind international.